Es genügt manchmal schon, dass sich die Umstände ändern, damit man sich selbst ändert. 2003 hießen die neuen Umstände Honda CBR 600 RR und Kawasaki Ninja ZX-6R – zwei radikale Heizgeräte, deren Rennstreckenauftritte dafür sorgten, dass die ursprüngliche Rundstrecken-Königin Yamaha YZF-R6 plötzlich etwas Tourermäßiges hatte. Und das, obwohl die R6 im gleichen Jahr mit neuer Verpackung und praktisch komplett neuer Technik auf Supersportler-Kundenfang ging. Im Premierenjahr verkaufte sich die erste R6 mit Einspritztechnik auch noch sehr gut, doch bereits ein Jahr später brachen die Zahlen ein – die besagten Umstände und für Supersportler-Ohren so schreckliche Testaussagen wie „vergleichsweise bequeme Sitzposition“ und „softe, landstraßentaugliche Fahrwerksabstimmung“ taten ihr hässliches Werk.
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Gebrauchtberatung: Yamaha
Gebrauchte Yamaha YZF-R6 richtig kaufen
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Die Yamaha-Verantwortlichen ließen sich nicht beirren und spendierten der R6 eine stetige und meist sehr sinnvolle Modellpflege. So zum Beispiel 2005 eine Upside-down-Gabel und endlich eine klassenübliche Vorderradreifengröße, doch 2006 holten sie dann die ganz große Modellpflege-Keule heraus: alles neu – noch kurzhubigere Auslegung (roter Bereich ab 17500/min!), noch mehr Leistung (127 PS), neuer Rahmen, jede Menge Magnesium- und Titanteile. Alles für einen recht ambitionierten Aufpreis von 1200 Euro. Die Verkaufszahlen zogen kurzfristig an, auf der Rennstrecke war die R6 wieder eine Macht, doch im Alltag passierte unter 8000/min sehr wenig und darüber alles. Mit der liebevollen Modellpflege gings weiter, doch so richtig aus dem Kreuz kam die superhandliche und top verarbeitete R6 im Neuverkauf nicht mehr. Was aber nichts an ihrer Beliebtheit als Gebrauchte ändert.
Besichtigung
Foto: Hersteller
Das 2003er-co*ckpit mit Schaltblitz. Eine Anzeige unterhalb von 4000/min ist eigentlich entbehrlich, denn darunter geht gar nichts.
Eine kleinvolumige Drehorgel ohne mechanische Macken – gibts das? Das gibt es tatsächlich, denn die R6 ist ein Muster an Zuverlässigkeit. 2001 verlängerte Yamaha die Inspektionsintervalle von 6000 auf 10000 Kilometer; und seit 2003 gab es nur einen Rückruf (November 2006 wegen Luftfilter-Befestigungsschrauben) – das verrät doch schon Einiges. Probleme mit der R6 sind fast immer hausgemacht, zwei Zielgruppen sind dafür besonders anfällig. Erstens: einige Renntrainings-Junkies, die eine wahre Kunst daraus gemacht haben, Sturzschäden möglichst gekonnt zu verstecken. Sehr gern genommen: erst nach dem Bodenkontakt montierte Karbon- oder andere Rahmenschützer sowie drittklassige Verkleidungsteile aus Ostblock-Quellen. Zweite Gruppe, bei der der Gebrauchtkäufer etwas genauer hinschauen und nachfragen sollte: Jungspunde, bei denen die R6 in chronisch klammer dritter oder vierter Hand weilt, und die Ausgaben für Öl, Kerzen, Kettensatz und Reifen für übertriebenen Luxus halten. Umkehrschluss: Am besten aus erster Hand kaufen, die unvermeidlichen Umbauten (Auspuff, Blinker, kurzes Heck) auf Ausführung und ggf. Eintragung prüfen. Und sich unbedingt den Original-Schalldämpfer mitgeben lassen – Stichwort Abgasuntersuchung.
Marktsituation
Foto: Hersteller
Zu wenig Schräglagenfreiheit? Für R6-Fahrer war das nie ein Thema. Auch nicht beim Modell 2008.
Der Bestand ist groß, gute Gebrauchte sind keine Mangelware. Doch die guten und vor allem bezahlbaren Gebrauchten landen nur sehr selten bei Händlern, und wenn sie es ausnahmsweise doch tun, bleiben sie nicht lange stehen. Besonders in der Preislage 4000 bis 6000 Euro könnten die Profis noch viel mehr verkaufen. Vorausgesetzt, die R6 ist weitgehend original, die beliebtesten, unter „Besichtigung“ genannten, Umbauten eingeschlossen. Wer nicht mehr als 4000 bis 5000 Euro ausgeben möchte, muss auch beim Privatkauf Zeit mitbringen und ggf. weite Besichtigungsanfahrten in Kauf nehmen, denn selbst die ersten Einspritzer – mittlerweile auch schon acht Jahre alt – haben eine hohe und für Supersportler ungewöhnlich gute Wertstabilität. Unter vier Mille gibts praktisch nur Sturzschäden und/oder ominöse Angebote aus Polen oder Italien. Wer die radikalere, dafür aber etwas weniger alltagstaugliche 2006er sucht, ist mit mindestens 6000 Euro dabei.
Preisniveau in Euro | Baujahre | Km-Stand | Niedrig 4000-5500 | 2003-2004 | 20000-40000 |
Mittel 5600-7500 | 2005-2008 | 10000-25000 | Hoch 7600-9600 | 2008-2010 | 1000-12000 |
Verfügbarkeit am Markt: hoch bis sehr hoch
Modellpflege
Foto: Hersteller
Schick unter der Schale: Ab 2003 bestehen Rahmen und Schwinge aus Alu-Druckguss - leichter und stabiler als das Strangmaterial der Vorgängerin.
2003
Erste R6 mit Einspritzung, komplett überarbeiteter Motor (90 Prozent der Teile neu); Getriebe modifiziert; neu: Rahmen, Tank, Räder, Federelemente. Preis: 9995 Euro. Zulassungen in D: 2380 Stück.
2004
Auspuffendtopf modifiziert; Zündbox auf Auspuff abgestimmt. Preis: 9995 Euro. Zulassungen in D: 1540 Stück.
2005
Upside-down- statt konventioneller Telegabel; Federbein modifiziert; Vorderradreifen 120/70 ZR 17; Radialbremspumpe; Bremsscheiben 310 statt 298 mm, Drosselgehäuse 40 statt 38 mm; Sondermodell R46 im Rossi-Design mit Termignoni-Auspuff (1000 Euro Aufpreis). Preis: 9995 Euro. Zulassungen in D: 1506 Stück.
2006
Komplett neues Modell; u.a. neu: Auspuff mit G-Kat, Federelemente, Rahmen; Anti-Hopping-Kupplung, Titanventile; Bohrung/Hub 67 x 42,5 statt 65,5 x 44,5 mm; Einspritzung überarbeitet. Preis: 11195 Euro. Zulassungen in D: 2217 Stück.
2007
Keine Änderungen. Preis: 11315 Euro. Zulassungen in D: 1536 Stück.
2008
Elektr. gesteuerte variable Ansauglängen; Kolbenform geändert; Hauptrahmen neu, Heckrahmen aus Magnesium; neue Schwinge; Sitzposition um fünf Millimeter nach vorn verlagert; Federbein überarbeitet; neue Verkleidungsteile mit neuen Spiegeln; co*ckpit neu; vo. Bremsscheiben um 0,5 auf fünf Millimeter verstärkt. Preis: 11 295 Euro. Zulassungen in D: 1271 Stück.
2009
Keine Änderungen. Preis: 12550 Euro. Zulassungen in D: 853 Stück.
2010
Neu programmiertes Motormanagement; Endschalldämpfer modifiziert. Preis: 11995 Euro. Zulassungen in D: 452 Stück.
2011
Preis: 11995 Euro.
Foto: Hersteller
Der 2008er-Motor mit variablem Ansaugsystem (zweigeteilte Ansaugtrichter).
Typ RJ05 / Modelljahr 2003 Motor
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, ungeregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub 65,5 x 44,5 mm
Hubraum 600 cm³
Nennleistung 86 kW (117 PS) bei 13000/min
Max. Drehmoment 66 Nm bei 12000/min
Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Telegabel, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, vorn und hinten verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen 120/60 ZR 17; 180/55 ZR 17
Maße+Gewichte
Radstand 1380 mm, Lenkkopfwinkel 66 Grad, Nachlauf 81 mm, Federweg v/h 120/120 mm, Sitzhöhe* 800 mm, Gewicht vollgetankt* 189 kg, Zuladung* 186 kg, Tankinhalt/Reserve 17/3,5 Liter.
Messungen
Höchstgeschwindigkeit** 262 km/h
Beschleunigung
0-100 km/h 3,1 sek
Durchzug
60-140 km/h 9,3 sek
Verbrauch
5,1 l/100 km (Landstraße)
*MOTORRAD-Messungen; **Herstellerangabe
Fan-Seiten: www.r6club.de; www.r1-forum.de (auf R6-Forum weiterklicken)
Gebrauchtangebote: www.1000ps.de/gebrauchte-motorraederi
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